Brothers and Sisters Magic         

Vorwort:

Ich gebe zu, diese Geschichte hat kaum Ähnlichkeiten mit ihrer Muse, dem Buch von Anna Gavalda und wieder verwende ich Charaktere, die in dieser Rolle doch etwas zweifelhaft sein könnten. Aber wenn es einem Fanfiction-Autor gelingt, das mit Worten glaubhaft zu machen, dann müsst ihr zugeben, dass er ziemlich gut ist.
Mal sehen, was ihr zu meinen Worten sagt. Ich bin gespannt.
 

Prolog

Er hatte sie gewarnt.
Ja, er hatte sie gerwarnt vor diesem Zauber. Aber sie musste es wagen! Für ihn ...
Cho Chang erwachte aus ihren Gedanken und bemerkte, dass es schon sehr spät war.
Die Kollegen hatten schon längst Feierabend gemacht. Es war soweit.
Schnell beendete sie den Papierkram, über dem sie in ihre Tagträume geglitten war und  unterschrieb hastig mit ihrem Namensschnörkel.
Cho Chang war mittlerweile eine bekannte Aurorin des Zaubereiministeriums, allerdings auch Angestellte der Abteilung für verschollene Zauberer und Hexen. Nach dem Krieg, der schon fast zwei Jahrzehnte zurückliegt, war eine solche Abteilung immernoch von Nöten. Viele Zauberer waren gestorben, verschwunden und als vermisst gemeldet.
Sie selbst hatte einst hier angefangen, in der Hoffnung, jemanden wiederzufinden, auch wenn alle sagten, dass er tot sei. Aber sie wollte es erst einfach nicht glauben - nicht mal als sie seine Leiche gesehen hatte. Auch Harry Potter wollte sie damals nicht so recht glauben, zumal er nicht gerne über Cedric geredet hatte.
Ohja, insgeheim war Cedric Diggory immernoch ihre große Liebe. Besser gesagt, er ist ihre große Liebe. So wollte sie es immernoch nicht so richtig wahr haben.
Sie war stets die letzte, die das Licht im Büro ihrer Abteilung ausmachte. Sie stand auf, zog sich zwar ihren Reiseumhang über, dachte aber gar nicht daran nach Hause zu gehen.
‚Ich warne dich, Cho. Vor diesem Zauber hat Dumbledore mich auch gewarnt und jetzt warne ich dich davor. Man kann die Toten nicht zurückholen ... nicht, wenn sie es nicht wollen!', hallten Christophers Worte in ihrem Kopf wieder.
Sie versuchte sie zu ignorieren, aber es ging nicht. Ihr Gewissen war hartnäckig.
Und dennoch, es würde sie nicht aufhalten können.
Wenige Minuten später war sie auf dem Gang des Ministeriums zu sehen.Mit wehendem marineblauem Umhang eilte sie rasch und lautlos zum Fahrstuhl. Ein einziger weißer Memo flog noch an ihr vorbei.
Christopher, ihr Mentor war es, der ihr dies eingebläut hatte. Luxvita, der alte Druidenzauber war so gut wie unbekannt und unter den Experten umstritten, aber was wäre, wenn es ihr gelingen würde?
Er war es auch, der ein zweiter Vater für sie gewesen war. Wie ein Onkel vielleicht, der sie stets beschützen wollte. Er hatte sie letztendlich von ihrer irrsinnigen Idee abgebracht, dass Cedric nach einem Avada Kedavra noch leben könnte, geschweigeden, dass er sich überhaupt irgendwo da draußen versteckte.
Obwohl sie sich beeilte, schien der Weg zu ihrem Ziel unendlich lang zu dauern. Wie in Zeitlupe durchquerte sie den Eingangsbereich, ging aber nicht hinaus, sondern drang tiefer in die Gänge des Zaubereiministeriums ein.
‚Auch wenn dir Luxvita gelingen sollte, kannst du dir nicht sicher sein, als was Cedric zurückkommt. Oder ob überhaupt er zurückkommt.'
Auf Chos Gesicht schlich sich ein Lächeln. Nein, sie glaubte fest daran, dass es geschehen würde. Cedric würde zu ihr zurückkehren, er musste!
Und er würde dem Tod die kalte Schulter zeigen.
Der Raum mit den vielen Türen, der einst für Harry Potter und "Dumbledore´s Armee" ein großes Hindernis gewesen war, war für eine gelernte und begabte Beamte nichts weiter als ein Zauberstabwink wert.
Und endlich erreichte Cho Chang ihr Ziel.
In dem von ihr erwählten Zimmer stand direkt vor ihr der Torbogen, mit seinem schwarzem wehendem Vorhang. Und dahinter war das Nichts, welches auf jeden lauerte, der ihm zu nahe kam.
Dieses Nichts jedoch war der Weg zu ihrem geliebten Cedric.
Cho hob ihren Zauberstab ...
"Luxvita", wisperte sie und schloss die Augen.
"Luxvita, ..." wiederholte sie, als nichts passierte und konzentrierte sich mehr, nahm all ihre Sehnsucht in ihrem Herzen zusammen.
"Luxvita ..."
Ein kleiner Lichtschein, ein Lichkegel der auf den Vorhang gerichtet war, bildete sich.
"Luxvita, luxvita, luxvita …" Cho Changs Zauber wurde zu einem Singsang und das Licht wurde stärker und doch wurde das Licht vom Nichts verschluckt.
"Luxvita, luxvita, luxvita ..."
Und dennoch erreichte das Licht etwas. Es war wie das Licht, welches alle Sterbenden sahen auf ihrer Reise. Und dieses Licht konnte sie auch wieder zurückholen.
"Luxvita!"
Cedric, dachte sie gleichzeitig.
"Luxvita!"
Cedric, hörst du mich? Siehst du das Licht?
Noch einmal packte sie alle Sehnsucht in ihre Worte, noch einmal sprach sie den Zauberspruch aus - einem Stoßgebet gleich.
"LUXVITA!"
Tränen quollen aus ihren Augen, als nichts geschah. Sie fiel auf die Knie und fing sich mit den Händen ab, die dadurch leichte Schurfwunden bekamen. Sie fühlte sich so schwach, so elend. Ihr Zauberstab kullerte fort, aber sein Leuchten war noch nicht verloschen.
Warum klappte es nicht?! Warum ließ er sie allein?!!!
 
Aber es klappte - nur auf eine Weise, die Cho nicht vorhersehen konnte oder besser gesagt, auf eine Weise, vor der man sie gewarnt hatte.
Jemand hatte ihr Stoßgebet empfangen und es war ihm eine Freude, diese Chance beim Schopfe zu packen.
Gerade noch rechtzeitig stieß er jemanden eiskalt zur Seite, ehe er dem Licht des Zauberstabs folgen konnte.
Somit erlosch das Licht wieder und dem anderen, dem der zur Seite gestoßen wurde, der sich auch noch fälschlicher Weise dort befand, blieb die Flucht aus dem Nichts verwehrt, verdammt dazu irgendwann selbst zu einem Nichts zu werden.
Aber er konnte zuschauen, was jetzt geschah.

Cho hob mit verweinten Augen langsam den Blick, weil ein kalter Hauch ihre heißen Tränen kühlte.
Da war etwas. Etwas dunkles und schattiges, wie eine Art Nebel, welches unter dem Vorhang des Torbogens hervorkroch.
War es das, welches sie erhoffte, dass es das war? Cedrics Seele?
Eine Gestalt, der eines Menschen gleich, aus Nebel bildete sich und zwei rotglühende Augen blickten sie an, musterten sie instinktiv. Die Gestalt war ein wenig unförmig und doch erkannte sie ihn als Cedric an.
"Cedric?", fragte Cho hoffnungsvoll.
Keine Antwort.
Stattdessen verflüchtigte sich die Gestalt.
"Nein! Bitte, geh nicht fort!", rief sie.
Verzweifelt wollte sie auf den Torbogen zukrabbeln.
Welch jämmerlicher Anblick, dachte die Gestalt aus schwarzem Nebel, die sich hinter ihr wieder sammelte. Kein geeigneter Wirt ...

Es dauerte eine Woche, bis Cho Chang tot in diesem Raum aufgefunden wurde.

1. Rache in der Nacht,
hat noch niemandem Glück gebracht

Ruckartig richtete er sich in seinem Bett auf.
Was war das für ein Wimmern gewesen? Was war das für ein Jammern? Es klang nach einem Geist, fast ein wenig wie die maulende Myrthe, bloß viel tiefer.
Er rieb sich die Augen und tastete nach seiner Brille.
Aus Harry Potter war ein ansehnlicher Mann geworden, wenn er auch noch lange nicht an seinen hochgewachsenen, schlaksigen Freund Ron Weasley heranreichte. Seine Statur war nach wie vor sportlich und doch wirkte er leicht wie eine Feder.
Er lebte irgendwo in der Muggelwelt, verborgen, vor allem vor den lästigen Zauberermedien.
Nun hob er die Beine aus dem Bett, zog seine Hausschuhe an und griff nach seinem Morgenmantel.
Während er dies tat, horchte er aufmerksam.
Dieses Wimmern und Jammern, kam das noch von seinem dämmerschläfrigen Traum oder ...
"Haaaarryyyy!"
Da! Da war es wieder!
"Haaaarryyyy!" Wer um alles in der Welt rief seinen Namen!?
Schnell stand er auf und stieß sich beim Aufstehen versehentlich das Knie an seinem niedrigen Nachttisch. Er fluchte und sah sich im Zimmer um.
"Haaaarryyyy!"
Oder wollte ihm jemand einen Streich spielen? Aber welcher Nachbar sollte das tun? Er lebte immerhin allein.
Jetzt wurde ihm doch ein bisschen mulmig.
Merkwürdig, dachte er. Doch dann kam ihm eine Idee.
Eine ziemlich aberwitzige Idee! Die Stimme, die nach ihm rief; sie klang nämlich vertraut. Die Stimme eines alten Freundes.
Ungläubig sah er zurück zu seinem Nachttisch, wo mehrere kleine Schubladen unterhalb der Tischfläche angebracht waren.
Langsam kniete er sich hin und schob die mittlere Schublade auf.
Da lag er, der alte Spiegel, den ihm Sirius geschenkt hatte - sauber zusammengeflickt.
"Haaaaaarrrryyyyyy!"
"Wah!" Harry plumpste vor Schreck auf den Allerwertesten, als er merkte, wie der Spiegel unter dem flehendem Gejammer erzitterte.
Sein Herz raste. Dann jedoch stutzte er, rückte die Brille zurecht und krabbelte zurück.
Das war doch nicht möglich! Oder?
"Haaaarryyyy!"
"Ehm ... ja? Ich bin hier?", versuchte es Harry. Still wurde es und er wartete einen Moment.
"Sirius? Bist du es?", fragte er.
"Ich muss dich warnen", hörte er Sirius´Stimme, wie aus weiter Ferne aus dem geflicktem Spiegelglas. "Etwas Furchtbares ist geschehen ..."
"Warte mal! Wie ist das möglich, nach all den Jahren? Wie geht es dir? Was ... was ist passiert? Was ..."
"Ich habe keine Zeit mehr .... Sei auf der Hut! Ich habe dich gewarnt!"
Darauf war es ganz still und kein Gejammer und kein ‚Haaaarryyyy' war mehr zu hören.
Sollte das ein Scherz sein?, dachte Harry. Da ließ sein totgeglaubter Pate endlich mal von sich hören und dann sagte er, er habe keine Zeit mehr?!
Oder hatte er nur geträumt?
Harry setzte sich in Schneidersitz, verschränkte die Arme, den Blick nicht vom Spiegel lassend - auch wenn er ihn nicht wirklich ansah und grübelte. Wenn auch ein wenig eingeschnappt.
Was hatte das zu bedeuten? Wovor wollte Sirius ihn warnen? Und warum hatte er sich nicht schon vorher gemeldet?

Woanders zu dieser Zeit lag Spinner´s End in friedlichem Dunkel der Nacht. Das Zuhause von Severus Snape und seiner Familie, welches früher ein heruntergekommener Ort gewesen war, hatte durchaus niemals schönere Zeiten gesehen.
Nach all den Jahren hatte Severus Snape es geschafft, wieder ein relativ normales Leben zu führen und seine Frau - nebenbei die Liebe seines Lebens - war nicht ganz unschuldig dabei.
Die beiden hatten zwei Kinder - wundervolle Kinder die Severus das Leben zwar nicht unbedingt versüßten, aber er war eben ihr Vater. Und ihm gefiel der Gedanke.
Das erste Kind war Serenus Snape, der bereits die fünfte Klasse in Hogwarts besuchte und in seiner schulischen Leistung ganz nach seinem Vater kam. Nur war er recht schüchtern und war daher eher als Streber und Schwächling verschrien.
Das zweite Kind war Shannon Snape, das vollkommene Gegenteil von ihrem Bruder, was auch bedeutete, dass sie eher nach der Mutter kam. Sie würde im nächsten Schuljahr Hogwarts das erste mal besuchen.
Severus Snape war in dieser Nacht über einem Buch am Kamin eingenickt gewesen. Und er fuhr erst hoch, als er ein merkwürdiges Geräusch über sich vernahm.
Irgendwas polterte doch da oben?!
Er schüttelte den Kopf.
Severus wusste genau, wer für die Störung der nächtlichen Ruhe verantwortlich war.
So begab er sich also ein Stockwerk höher und öffnete die Tür zu dem Zimmer, welches direkt über dem Wohnzimmer lag.
Zwei erschrockene, goldbraune Augen starrten ihn an, die zu einem schwarzhaarigem Mädchen gehörten, welches nun eine Flucht unter die Bettdecke unternahm und sie schnell über den Kopf zog. Das Bett sah aus, als hätte sie es gerade eben mit Trampulinspringen versucht.
Severus genehmigte sich ein diabolisches Lächeln. Er legte das Buch, welches er mit hinaufgenommen hatte, auf die kleine Kommode vor einem Spiegel. Dann schlich er sich auf leisen Sohlen zum Bett hin.
"Buh!", sagte er und zog gleichzeitig die Decke weg.
Shannon Snape erschrak, quiekte aber dann vor Vergnügen auf.
Severus setzte sich zu ihr an die Bettkante.
"Soso ... die Dame des Hauses dachte wohl, sie könne die Nacht durchmachen ... ja?"
Schuldbewusst winkelte sie die Beine an und versteckte sich dahinter, lukte aber vorsichtig mit einem versuchtem Lächeln über ihre Knie hinweg.
"Und wann gedachte die Dame des Hauses ...", er tippte ihr mit dem Zeigefinger auf die kleine Stubsnase - die ganz und gar nicht nach ihm kam "... zu schlafen?"
"Ehm ...", war alles, was sie mit ihrer hohen Mädchenstimme zur Sprache brachte und zuckte mit den Schultern.
Nun grinste ihr Vater. "In Hogwarts würde man dich dafür rauswerfen ..."
"Ach Quatsch!", schmollte sie. "Du willst mir nur Angst machen!"
"Warum soll ich dir denn Angst machen wollen?", fragte er scheinheilig.
"Na, weil du Serenus auch gesagt hast, dass er nachts schlafen soll! Damit er am nächsten Morgen in Hogwarts nicht zu müde ist, um zu lernen!"
Severus hielt inne. Irgendwo musste er sich geschlagen geben
- und die Kleine war erst elf!
"Sscht! Ruhig jetzt! Ab in die Heia!", sagte er grinsend, wollte ihr aber natürlich nicht wirklich den Mund verbieten.
Brav zog sie die Decke zu sich heran, aber ihre goldbraunen Augen schienen nicht einmal ans Schlafen denken zu wollen.
Severus zwinkerte ihr zu.
"Was ist denn hier los?", fragte jemand.
Severus und seine Tochter hoben den Blick zur Tür hin.
Da stand sie, seine Frau Fenella Snape - geb. Dandelion - und wirkte, als hätte sie die Nacht schon mit ihren Träumen verbracht. Ihre langen, kastanienbraunen Haare, die sonst immer zu einem Knoten hochgesteckt waren, hingen ihr wellig die Schulter herab.
Von ihr hatte Shannon Snape diese schönen hellen Augen geerbt, die Severus immer an Honig erinnerten.
"Was hier los ist?", wiederholte Severus ihre Frage. "DEINE Tochter zieht offensichtlich das Leben einer Nachteule vor - einer sehr lebhaften Nachteule, die im früherem Leben mal ein springender Frosch gewesen sein muss."
Wieder verbarg Shannon schuldbewusst das Gesicht hinter ihrer Decke.
"Ach?!" Fenella stemmte die Hände in die Hüften. "Auf einmal ist es wieder MEINE Tochter!
Gestern noch, als sie sich in dein Labor geschlichen und laut die einzelnden Namen von Aconitum bis was weiß ich heruntergebetet hatte, war sie noch DEINE Tochter!"
"Wirklich?", fragte Severus und spielte den Unwissenden, immernoch lächelnd. "Hab ich das?"
"Ja, hast du! Und du hast mir einen dicken Schmatzer gegeben. Das war eklig!", sagte Shannon plötzlich, die die Decke wieder vom Gesicht genommen hatte.
"Du bist ja immernoch wach ...", sagte Severus, der das aber genau gewusst hatte. "Fenella, mein Schatz. Kannst du sie nicht zum Schlafen bewegen?"
"Alles was du willst, wenn es wieder UNSERE Tochter ist!", lächelte Fenella. "Deal?"
"Deal", gab Snape zurück, stand auf und schenkte seiner Frau im Vorbeigehen einen Kuss auf die Wange.
"Ihh! Dad knutscht ja schon wieder!", grinste Shannon.
Severus sagte nichts dazu, konnte sein eigenes Grinsen aber nicht verhindern. Die Grübchen, die sich dabei in seinem Gesicht ausbreiteten, waren dieselben, wie bei seiner Tochter.
Es tat gut, Familienvater zu sein. Vor allem, wenn man feststellte, dass die eigenen Nachfahren dieselben Gaben hatten, wie er selbst.
Was war eigentlich mit demjenigen, mit dem alles angefangen hatte? Was war mit Serenus? Der schläft wahrscheinlich, dachte Severus sich, doch als er an dem Zimmer seines Sohnes vorbeikam, sah er einen Lichtschlitz unterhalb des Türrahmens hervorblitzen.
Ist heute Nacht die ganze Familie auf?, dachte Snape verdutzt und öffnete auch hier die Tür um zu sehen, was los war. Nicht, dass er seinem älterem und wesentlich reiferem Abkömmling kein Vertrauen schenkte, aber Nachschauen schadete nichts.
Serenus schlief, aber war nicht in seinem Bett.
Er schnarchte herzhaft, hatte den Kopf auf ein Buch gelegt, welches auf seinem Schreibtisch lag. Hätte er nicht diese Halbmondbrille auf seiner Nase gehabt, sähe er seinem Vater zum Verwechseln ähnlich. Allerdings benötigte er sie nur zum Lesen.
Severus seufzte und trat zu ihm heran.
"Heh ..." Er stubbste ihn an.
Serenus schreckte hoch und blickte sich verwirrt um. "Wha- wa... was is los?", nuschelte er und brauchte eine Weile, um zu kapieren, dass er nicht in seinem Bett lag und sein Vater direkt neben ihm stand.
"So fleißig?", fragte Severus und deutete auf das Buch. "Du hast Sommerferien."
Es war ein Buch über Verwandlungen, ein Fach welches wohl die einzige Schwachstelle seines Sohnes war.
Serenus folgte seinem Blick. "Ich muss halt, weißt du? Es ist nicht gut, wenn ich darin Schwierigkeiten habe."
Severus lachte leise. "Du machst das schon, mein Sohn. Und auch wenn du Verwandlungen nicht schaffen solltest - aber ich weiß, du schaffst es - bin ich noch immer stolz auf dich. Ich und auch deine Mutter."
"Danke ...", sagte er.
"Ach, nicht der Rede wert. Für sowas muss man sich nicht bedanken. Ich sähe es lieber, wenn du in deinem Bett schläfst. Sonst hast du morgen eine leichte Genickstarre und glaub mir, ich spreche aus Erfahrung."
"Ist gut ...", seufzte Serenus. Für seinen Vater war er immernoch der kleine Junge. Er wusste selbst, dass er ein bisschen tollpatschig und schüchtern war, aber er konnte sich einfach nicht überwinden, in seiner ruhigen und zurückgezogenen Art irgendetwas Lautes oder Mutiges von sich zu geben.
Sein Vater wünschte ihm noch eine gute Nacht, dann ging er hinaus, auf dem Weg ins eigene Bett. Aber jeh hielt er inne, denn er hörte, wie jemand den Türgong betätigte.
Was ist denn jetzt?, dachte Severus. Schlief heute Nacht denn niemand?
Ein ungutes Gefühl ergriff Severus Snapes Brust und dennoch - er wollte kein Feigling sein.
Er stieg langsam die Treppe herab in den Flur und öffnete die Haustür.
Niemand war zu sehen, nur eine eisige Brise hauchte an ihm vorbei ins Haus hinein. Eilends machte er die Tür zu, damit nicht die ganze Wärme fort war.
"Was ist, Severus? Wer war das?", hörte er Fenella von der Treppe aus fragen.
"Niemand", sagte Severus und sah zu ihr hinauf. "Ich wunder mich selbst gerade."
Doch als er das erschrockene Gesicht seiner Frau sah, wusste er sofort bescheid und wirbelte herum.
Da war etwas! Etwas wie ein schattenartiger Nebel, der dort auf einer Stelle zu schweben schien und sich langsam zu einem Menschen formte und doch keine feste Form annahm. Severus wollte seinen Zauberstab ziehen, doch er zögerte noch.
Denn plötzlich entdeckte er die Augen des merkwürdigen Wesens. Dieselben kalten roten Augen, die ihn noch manchmal in seinen Alpträumen verfolgten und ihn reichlich mit Gewissensbissen vollstopften.
Severus linker Arm zitterte. Der alte Schmerz an einer ganz bestimmten Stelle des Unterarms kehrte zurück ...
"Nein", murmelte er leise. Er starrte weiter auf das Wesen, dessen rote Augen schon triumpfahl lachen zu schienen. "NEIN!" schrie er und sah zu seiner Frau hauch.
"Fenella! Lauf! Nimm die Kinder und lauf!"
"Was ist da..."
"TU WAS ICH DIR SAGE!!!"

Und Fenella verstand. Sie nickte und rannte zurück, holte ihre kleine Tochter und dann Serenus aus den Betten. Zum Glück waren beide hellwach!
"Schnell ihr beiden, zieht eure Umhänge an! Ihr müsst fort von hier! Los! Nehmt den Ausgang zum Garten hin!"
"Was ist los, Mum?", fragte Serenus besorgt, der zur Tür herausschaute.
"KEINE FRAGEN! Los!"
Shannon Snape tappste schnellstens zu ihrem Kleiderschrank und holte ihren Umhang heraus.
Dann sah sie sich um und entdeckte das Buch, welches ihr Vater auf ihrer Kommode vergessen hatte. Aus einem Instinkt heraus packte sie es in ihren Umhang und ging hinaus.
"Serenus", hörte sie ihre Mutter sagen. "Du bist der Ältere und hast die Verantwortung für Shannon!"
"Was soll das! Was ist los?! Nun rede doch endlich!", regte Serenus sich auf.
Natürlich hatte er nichts gegen seine kleine Schwester! Und dennoch hatte er ein sehr ungutes Gefühl. Er wollte nicht gehen! Er wollte nicht fortlaufen! Und er wollte seine Eltern nicht alleine lassen ...
"Was ist mit dir? Was ist mit Dad?!"
"Ich bleibe bei ihm, um zu helfen!", sagte Fenella. "Und raus mit euch, na los!"

Nur wenige Minuten später sah Fenella vom Fenster aus, wie ihre Schützlinge flohen. Serenus hatte Shannon an der Hand genommen und sie rannten - rannten um ihr Leben, wie es ihre Mutter ihnen geraten hatte.
Sie wandte sich um, rannte in den Flur des Hauses und suchte nach Severus. Er war nicht mehr da.
Wo war er nur?
Angstvoll ging sie langsam mit gezücktem Zauberstab ins Wohnzimmer des Hauses. Im Kamin brannte es und sie stutzte. Sie trat näher heran und fragte sich, ob Severus mittels Flohpulver geflohen sein konnte.
Doch das smaragdgrüne Samtsäckchen oberhalb des Kaminsimses war voll wie eh und jeh. Sie nutzten es nicht oft.
Sie sah sich um und ihr Herzschlag setzte für einen Moment aus.
Da saß Severus in seinem Sessel und beobachtete sie!
"Oh, Gott sei ...", entfuhr es ihr doch bei dem Blick, mit dem er sie bedachte, gefror ihr das Blut. Der eisige Schauer hielt an und verursachte richtigen Schüttelfrost, immer dann wenn sie Angst hatte.
Das, was da saß, konnte unmöglich ihr Mann sein!
"Du bist also Severus´ Errungenschaft ... nach all den Jahren", grinste das Gesicht ihres Mannes herzlos und die Augen glimmten für einen Moment rot auf.
"Wer bist du?! Was hast du mit ihm gemacht?!", schrie sie, bibberte aber bei jedem Wort.
Es tat ihr weh, dass die Stimme ihres Mannes sie so bezeichnete.
"Nichts ..." Das Grinsen verschwand so schnell, als ob es niemals dagewesen wäre. "Ich brauche ihn!"
Der Körper ihres Mannes erhob sich aus seiner entspannten Haltung im Sessel, allerdings gestikulierte er merkwürdig, als ob er noch nicht ganz Herr dieser Gliedmaßen war - wer auch immer da zu ihr redete.
"Du allerdings ..." Er nahm jetzt doch eine gerade Haltung ein sah Fenella wieder an. "... bist völlig nutzlos."

2. Einen Gruß
tut der nackte Fuß

Serenus rannte, mit Shannon an seiner Hand die Straße Spinners End entlang in Richtung des alten Gewerbe- und Fabrikgebietes der Muggel.
In der Eile waren beide noch in Schlafanzügen unter ihren Umhängen und in Shannons Falle waren sie sogar barfuß. Bei jedem unvorsichtigem Schritt musste Serenus´ kleine Schwester die Zähne zusammenbeißen.
"Serenus, ich kann nicht mehr ...", wimmerte sie.
"Komm schon, Shannon, nur noch ein bisschen", sagte er.
"Aber ..." Er hörte, wie seine Schwester schniefte.
"Na gut", sagte er dann endlich. Er sah sich um und rutschte mit ihr einen grasbewachsenen Abhang zu einem kleinem, von Muggeln angefertigten Bach hinunter. Dort würde man sie nicht so schnell finden. Shannon schrie leise auf.
Erschrocken zog Serenus seinen Zauberstab. "Was ist los?"
"Es ist eklig und nass!", schniefte sie. "Wo sind wir?"
Er seufzte. "Lumos", sagte er und leuchtete um sich.
"Ja, klasse", murrte er, als er sah, wie tief Shannon mit ihren nackten Füßen im Bach stand. "Komm raus da!"
Es dauerte ein bisschen, bis Shannon Halt auf dem feuchtem Gras des Abhangs fand.
"Was glaubst du, was unsere Eltern gerade machen?", fragte sie.
"Ich will lieber nicht daran denken ...", äußerte Serenus besorgt. Ein merkwürdiges Gefühl in seinem Herzen bestätigte ihm, dass gerade etwas passiert war, was nicht sein sollte.
Ihm fiel ein, dass er viel über seine Mutter wusste, dass sie ihm viel über ihre Schulzeit auf Hogwarts erzählt hatte und über ihren Freundeskreis, aber sein Vater ...
In Hogwarts, wo er selber auch zur Schule gegangen war, hatte man bei dem Namen Snape immer etwas gezögert ihm gegenüber. Was hatte das alles zu bedeuten?
"Wir müssen weiter", sagte Serenus.
"Was? Aber wohin denn?", fragte Shannon.
"Nach London", antwortete er knapp.
"Aber unsere Eltern ..."
"... hätten gewollt, dass wir irgendwohin gehen, wo wir sicher sind. Komm schon!"

Es war ungefähr eine Woche vergangen, es war ein schöner sonniger Tag in London und die Steine der Straßen waren schön warm und aufgewärmt. Die Muggel liefen in Sommerkleidung herum, junge Leute saßen unter dem Schatten der wenigen Bäume und schleckten ihre verschiedenen Sorten von Eiscreme.
Ein gewisser Zauberer mochte die Muggelwelt sehr gerne inzwischen.
Er hatte seine Tasche lässig um die Schulter gehängt und über seinem T-Shirt trug er eine Weste mit Kapuze. Zudem trug er eine leichte Jeans, die unten an den Säumen schon ziemlich ausgefranst war und so hätte man nicht im Traum daran gedacht, dass Harry Potter gerade eben an einem paar leichtbekleideter Studentinnen vorbeiging, die sich noch einmal nach ihm umdrehten, weil sie ihn nie gesehen hatten.
Seine Narbe prangte immernoch auf seiner Stirn, wie eine Art Mahnmal. Aber die Geschichte, die mit ihr zusammenhing, war schon sehr lange her. Manche in der Zaubererwelt hielten es schon für eine Legende, die nicht wirklich wahr sein konnte.
Harry Potter hatte sich einfach zurückgezogen, weil er die Sache mit den ewigen Zeitungsberichten über ihn und den dunklen Lord und all den anderen Quatsch nicht mehr ausgehalten hatte. Die einen mussten Lügen schreiben, die anderen versuchten krampfhaft nach ihm zu suchen, um ihm, dem einzig wahren Retter der Zauberwelt die Antworten aus der Nase zu ziehen. Es hatte ihm einfach gereicht.
Aber manchmal konnte Harry Potter nicht umhin, doch noch ein paar magische Dinge zu gebrauchen - an erster Stelle stand sein Zauberstab und an zweiter sein Besen - der Feuerblitz.
Er gebrauchte Muggelgeld und so konnte er ohne Probleme die Busverbindungen der Muggel benutzen. Als er sich an diesem Tag, es war Wochenende ganz hinten in den ersten Stock des Busses hineinsetzte, weil es da am Kühlsten war, saßen da zwei jüngere Gestalten, die ihn stutzig machten.
Aber ohne Zweifel, die Umhänge die sie da trugen, zeigten eindeutig, dass sie beide Zauberer waren.
Harry sagte zuerst nichts, beobachtete die beiden aus dem Augenwinkel, während er einen flüchtigen Blick in die Muggelzeitung warf, die jemand auf dem Nachbarsitz vergessen hatte.
Der eine war bereits viel älter, als seine kleine Schwester denn unweigerlich sahen sich beide ähnlich. Auf sechzehn Jahre schätzte Harry ihn. Und er kam ihm irgendwoher bekannt vor.
Das Mädchen musste in dem Alter sein, in dem es bald nach Hogwarts kommen würde.
Harry schmunzelte, verbarg dies sorgfältig hinter der Zeitung und dachte daran, wie Hagrid ihn einst von den Dursleys fortgeholt hatte. Was war das für ein Erlebnis gewesen damals, als er plötzlich erfuhr, dass er ein Zauberer war.
"Die Fahrkarten bitte!", forderte ihn ein Muggel in Uniform auf. Harry legte die Zeitung bei Seite und kramte in seiner Umhängetasche.
Der Muggel bedankte sich und wandte sich an die anderen beiden.
Harry zählte eins und eins zusammen und ihm schwahnte nichts gutes, als er den erschrockenen Blick des Jungen bemerkte.
"Ehm ... die beiden reisen mit mir!", sagte er.
Der Muggel stutzte und sein Blick wechselte hin und her, dann nickte er mit misslungenem Lächeln und wandte sich an den nächsten Fahrgast.
Der Junge atmete auf, während das junge Mädchen überhaupt nicht bescheid wusste.
"Danke", sagte er zu Harry.
"Kein Problem, ihr müsst allerdings gleich mit mir aussteigen."
Der Junge nickte und seufzte.
"Sagt mal, ihr beiden ... ihr seid keine Muggel oder?"
Erstaunt blickten die beiden auf und ein Seufzer der Erleichterung entglitt ihnen. Endlich!
Ein Zauberer!

An einer Haltestelle, an der eine Hot-Dog-Bude stand, stiegen sie aus. "Es ist ungewöhnlich, dass sich junge Zauberer hier in die Muggelwelt verirren. Was macht ihr hier? Wieso reist ihr nicht mit dem Fahrenden Ritter?", fragte Harry.
Der Junge schwieg. "Wir wissen es nicht genau ..."
"Na gut ... trotzdem, ihr könnt doch nicht einfach in einen Bus einsteigen, ohne zu bezahlen. Bei den Muggeln ist es immerhin auch so, wer nicht zahlt, darf auch nicht einsteigen. Ich meine, deiner kleinen Schwester - ich nehme mal an, dass sie das ist - mache ich keinen Vorwurf, aber du bist doch schon wesentlich älter und ...."
Harry hielt inne und sah den bedrückten Blick des Jungen. Erst jetzt bemerkte er auch, dass das Mädchen barfuß war und dass unter den Umhängen der beiden etwas hervorblitzte, was an die Hosenbeine von Schlafanzügen erinnerte.
"Schon gut, entschuldigt bitte", lächelte Harry, der sich fragte, was eben mit ihm losgewesen war. So kannte er sich gar nicht! "Am besten, ihr erzählt mir alles von Anfang an. Wo wolltet ihr denn hin?"
"Winkelgasse", meinte das Mädchen.
"Aah! Gut, dann brauchen wir den fahrenden Ritter ja nicht. Das ist nur ein paar Straßen weiter. Aber zuerst ..." Er sah zu dem Hot-Dog-Stand. "Habt ihr Hunger?"

In den Mägen der beiden schien Platz für hundert Hot Dogs gleichzeitig zu sein - oder aber sie hatten schon seit Tagen nichts mehr gegessen.
Harry schmunzelte, als er die beiden beobachtete, wie sie gierig in das Brot mit Senf, Ketchup, Majo und Gurken hineinbisschen. Er selbst blieb bei dem einen Hot Dog, da er gut gefrühstückt hatte.
"Wie heißt du eigentlich?", schmatzte das junge Mädchen mit vollem Mund.
"Harry und du?"
"Shannon! Und das ist Serenus", sagte sie und deutete auf ihren großen Bruder, dem das Hot Dog wie ein Geschenk Gottes vorkam und sich ganz davon vereinnehmen ließ.
Harry lächelte und dachte nach. Shannon und Serenus. Serenus ....Serenus? Das klang ja nach ...
Skeptisch musterte er den Jungen, der sein Hot Dog gleich wieder aufgegessen hatte.
Was machten zwei junge Zauberer, wie die beiden überhaupt in der Muggelwelt? Wieso waren sie dort gestrandet?
Er selber war schon viel zu lange nicht mehr dort gewesen, fiel ihm ein. Er wusste schon gar nicht mehr richtig bescheid.
Umso besser, dass er die beiden getroffen hatte. Bei der Gelegenheit konnte er sich ja mal wieder blicken lassen.
Gesagt getan und er zeigte den beiden somit den Weg.

"Also, Serenus und Shannon. Da wären wir. Der tropfende Kessel."
"Ich weiß!", lächelte Serenus erleichtert, der die Gegend wohl wiedererkannte und sie traten gemeinsam ein.
Wie immer war viel los im Wirtshaus und einige zwielichtige Gestalten trieben sich herum, sowie auch weniger zwielichtige Gestalten, die ohne Kapuze über dem Kopf herumliefen.
Tom, der Wirt, bemerkte Harry nicht. Es gab viel zutun und so nutzte Harry die Chance, sich unauffällig mit beiden in einer düstere Ecke zu setzen.
"Nun, ihr beiden. Es ist ja nicht zu übersehen, dass ihr ... Hilfe braucht. Was ist passiert?", fragte Harry.
Serenus seufzte und wusste nicht, ob es klug war, einem fremden Zauberer davon zu erzählen. Aber dieser zeigte sich als sehr hilfsbereit. Wieso also nicht?
"Ich sagte doch schon. Wir wissen es nicht, wir ... unsere Eltern haben uns gesagt, dass wir fortlaufen sollten. Sie haben uns nichts erklärt. Es ging so schnell ..."
Er musterte Harry, der den Kopf auf die verschränkten Hände gestützt hatte. Mit gerunzelter Stirn lauschte er Serenus. Er schien sich wirklich für ihr Problem zu interessieren.
"Was nun mit ihnen ist, weiß ich nicht", fügte er hinzu. "Wir haben uns nicht getraut, nachzuschauen."
Harry hob den Kopf von seinen Händen und legte die Arme auf den Tisch.  "Wer sind eure Eltern?", fragte er.
"Fenella und Severus Snape", sagte Serenus.
Moment, dachte Harry auf einmal. Jetzt wurde ihm einiges klar. Ohne diese Brille, die Serenus da auf der Nase trug, sah er dem Jungen, den Harry in Snapes Erinnerung einmal gesehen hatte, zum Verwechseln ähnlich!
"Snape? Der Severus Snape?!", lachte Harry.
"Du kennst Dad?", fragte Serenus.
"Naja, Kennen, was heißt das?" Harry rieb sich verlegen den Nacken. "Er ... er war mein Lehrer in Zaubertränke und zwei Jahre in Verteidigung."
"Dad war Lehrer?", fragte Shannon neugierig.
Serenus nickte ihr zu. "Ja, Dad hat mal unterrichtet. Hat er mir auch erzählt."
Dann jedoch wurde sein Blick wieder betrübt.
"Was ist passiert?", fragte Harry dann. Serenus überlegte und seufzte.
"Ich hab doch schon gesagt, es ging so schnell. Es war späte Nacht, als unsere Mutter uns sagte, dass wir fliehen sollten."
Harry nahm seine Ausgangsposition ein, hob die Braue, legte das Gesicht wieder auf seine verschränkten Finger und grübelte.
Serenus hingegen ahnte bei dieser Haltung Schlimmes.
Snape würde seine Kinder niemals ohne Grund fortschicken, dachte Harry. Er würde die Situation einschätzen können, wenn er ihr gewachsen wäre. Und das sollte doch schon was heißen, denn er hatte ihn damals im Duell gesehen. Er war nicht schwach, dieser Zauberer. Bei welcher Bedrohung also witterte er eine große Gefahr, vor der er seine Kinder nicht beschützen konnte? Und offensichtlich war er ja auch nicht alleine gewesen! Seine Frau war ja auch in der Nähe, wie er aus den Worten des Jungen herausnehmen konnte.
"Du hast nicht gesehen, was passiert ist, oder?", fragte Harry.
"Nein", sagte Serenus.
"Ich auch nicht!", sagte Shannon, als wolle sie sagen, dass sie auch noch da war.
"Hmm ...", Harry überlegte, tribbelte nun nervös mit der rechten Hand auf der Tischplatte herum. Es war, als hätte man in seinem Kopf eine Wand vor die Lösung gesetzt. Sein Bauch jedoch hatte eine Art Wiedererkennungsgefühl, ein Gefühl, dass Alarm schlug und genau wusste, was bald geschehen würde. Aber sein Kopf schaltete einfach nicht!
Das ging eine Weile so weiter und Serenus fragte sich, was nun in diesem Menschen vorging. Noch nie war er jemandem begegnet, der so sehr bereit war, jemanden aus der Patsche zu helfen.
"Nun, es ist nicht zu leugnen, dass das ein Schlimmes Vorzeichen ist. Euer Vater war zwar immer schwer einzuschätzen, aber ich glaube nicht, dass er jemanden ohne Grund fortschickt ..." Harry fielen die Wörter immer schwerer, je länger er in die Gesichter der beiden sah. Die kleine Shannon sah sogar etwas ängstlich aus.
"Habt ihr schon einen Ort, wo ihr übernachten könnt?", fragte Harry, um das Thema zu wechseln.
Bei dieser Frage fiel Serenus ein, dass er schon ewig nicht mehr richtig geschlafen hatte. Er selber hatte immer nur eine Art Wachschlaf gehalten, weil ihn die Worte seiner Mutter nicht losgelassen hatten. ‚Du bist der Ältere und hast die Verantwortung für Shannon!'
"Wir haben bis jetzt immer draußen geschlafen", sagte Shannon, die erst jetzt wieder bemerkte, dass ihre Füße schmerzten.
Harry lächelte warm. Sie kamen ganz und gar nicht nach seinem alten Lehrer. Aber wenn dieser sogar geheiratet hatte, musste er sich doch enorm verändert haben. Immerhin, früher hatte er ein reines Eremitenleben geführt. Ob er es wagen konnte, die beiden bei sich übernachten zu lassen?
"Ich frage am besten bei ein paar Freunden nach, ob sie euch aufnehmen, es sei denn, ihr wollt mit meiner Wohnung vorlieb nehmen. Allerdings kann ich euch nur eine alte Schlafcouch anbieten."
"Ohja! Das wäre toll!", sagte Shannon begeistert.
"Ich weiß nicht ... Das ... können wir nicht annehmen! Können wir nicht ..."
Serenus gefiel der Gedanke ganz und gar nicht.
Harry sah die Zweifel des Jungen und er besann sich. Snape hätte eher einen Knallrümpfigen Kröter roh zum Frühstück verspeist, als dass er zugelassen hätte, dass jemand aus seinen Wurzeln unter dem Dach eines Potters schlief.
Aber wo konnte er die beiden unterbringen?



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